Gedanken
Sonntag, 30. Jänner 2022, 9:05 auf Ö1
Ursula Burkert hat anlässlich des Kinostarts meines neuen Films DER SCHÖNSTE TAG mit mir über Narrative, Kommunikation, Erinnerungen – Wahrheit und Lügen gesprochen und hat daraus eine einstündige „Gedanken“ – Sendung gemacht, die am Sonntag ausgestrahlt wird und in der Folge 7 Tage lang auf oe1.orf.at abrufbar ist.
„Sprich mit mir“ – Der Regisseur Fabian Eder über unterschiedliche Narrative zur Vergangenheitsbewältigung
„Das Schweigen ist prägender Bestandteil des Narrativs, sowohl auf Seite der Opfer wie auf Seite der Täter bzw. Mitläufer.“ Zu dieser Erkenntnis kam Fabian Eder bei der Arbeit zu seinem Dokumentarfilm „Der schönste Tag“, mit der er Konzepten der Erinnerungsarbeit auf den Grund ging. Lange Zeit galt Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg als Opfer der nationalsozialistischen Aggression, deshalb durfte Österreich auch in Ausschwitz ausstellen. Fabian Eder: „Diese Perspektive wurde national vereinnahmt, wodurch die Legende, dass alle ÖsterreicherInnen „Opfer“ des Anschlusses waren, zum Herzstück des staatlichen österreichischen Geschichtsnarratives wurde. Das ist nicht legitim. Und genau das hat der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky in seiner historischen Rede 1991 richtiggestellt. In Folge dieser Rede wurde 1995 der Nationalfonds der Republik Österreich gegründet und 2009 von der damaligen Regierung beschlossen, diese Ausstellung neu zu gestalten, um einer differenzierten Sichtweise Raum zu geben.“
Anlässlich der Demontage der Ausstellung im Österreich-Pavillon in Ausschwitz-Birkenau und ihrer Neukonzeption wird auch diese Opfer-Theorie demontiert. Für Fabian Eder, der sich immer wieder mit der Frage auseinandersetzt, wie Narrative entstehen und in den Generationen weitergegeben, vor allem auch wie Traumata weitergegeben werden, war dies der Ausgangspunkt seiner filmischen Arbeit. Für seinen Dokumentarfilm „Der schönste Tag“ bringt er Enkelkinder mit ihren Großeltern – damaligen Opfern des NS -Regimes, aber auch mit so genannten „Mitläufern“ – zusammen und dokumentiert deren Gespräche, die teilweise während einer Zugfahrt sattfinden: „Mein Ansatz war, das staatliche Narrativ, auf das man sich schon schwer genug einigt, dem Narrativ in den Familien gegenüberzustellen.“
Auffallend für Fabian Eder war, dass bei jenen Menschen, die man als Mitläufer bezeichnen kann, eine große Zurückhaltung und Angst besteht, über die NS-Zeit zu sprechen, möglicherweise aus Scham: „Es wirft für mich die Frage auf, wie nachfolgende Generationen, die sich ohne Täter gewesen zu sein, immer noch schuldig fühlen, von dem Gefühl der Schuld hin zum Wahrnehmen einer Verantwortung gelangen. Das Darüber-Schweigen hilft nicht weiter.“
Fabian Eder, der stets gesellschaftspolitisch relevante Fragen filmisch aufzuarbeiten bestrebt ist, macht sich nun Gedanken über das Reden und Schweigen, über das Verschweigen und Aufklären, über Erinnerungskultur und die Kommunikation zwischen den Generationen.
Gestaltung: Ursula Burkert