Kritiken.

Vorbemerkung:

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DER SCHÖNSTE TAG
INTERVIEW

«Jede Generation wird ihre eigene Erzählung brauchen.»

Österreich galt nach dem Zweiten Weltkrieg als Opfer der nationalsozialistischen Aggression und verfügt daher auch über einen nationalen Gedenkpavillon in Auschwitz. Seine aktuelle Neugestaltung wirft Fragen zur Ambivalenz zwischen kollektiver und individueller Geschichtsdarstellung auf: Fabian Eder geht in seinem Dokumentarfilm Der schönste Tag Konzepten der Erinnerungsarbeit auf die Spur und erzeugt mit Dialogen zwischen Zeitzeug*innen und ihrer Enkelgeneration ein interessantes Spannungsfeld zwischen offiziellem Gedenken und privatem Erleben.

Die erste Einstellung von Der schönste Tag zeigt die Demontage der Ausstellung im Österreich-Pavillon der Gedenkstätte in Auschwitz-Birkenau. Gleichzeitig wird in diesem Zuge auch eine Theorie demontiert, nämlich, dass Österreich das erste Opfer der Aggression durch die Nazis war. Hat die Frage, was es heißt, kollektiv auf der einen, individuell auf der anderen Seite Geschichte zu erzählen, den Anstoß für diesen Film geliefert?

FABIAN EDER: Ja, absolut. Wir haben uns ursprünglich nur mit der Neukonzeption dieser Ausstellung auseinandergesetzt. Ich wollte zunächst keinen Film zu diesem Thema machen, wissend, dass es bereits so vieles dazu gibt und gleichzeitig nie alles darüber weder gesagt noch begriffen werden kann. Ich habe ich mich bereits in anderen Arbeiten mit der Frage beschäftigt, wie Narrative entstehen und in den Generationen weitergegeben; v.a. auch wie Traumata weitergegeben werden. Das ist ein interessantes Feld, das immer mehr in den Fokus rückt. Vor einigen Jahren bin ich auf zwei sehr bemerkenswerte Arbeiten gestoßen: eine große Studie von Gabriele Rosenthal, die sich mit dem Narrativ beschäftigt und dabei festgestellt hat, dass die Art, wie die erste Generation der zweiten erzählt sich gravierend in Form und Inhalt davon unterscheidet, wie die erste Generation der dritten erzählt. Die zweite ganz wichtige Arbeit war Dan Bar-On Die Last des Schweigens, der sich damit beschäftigt, wie sich traumatische Ereignisse über die Generationen übertragen, auch wenn sie nicht erzählt werden. Das Schweigen ist prägender Bestandteil des Narrativs, sowohl auf Seite der Opfer wie auf Seite der Täter bzw. Mitläufer. Als mich der Gedanke beschäftigte, doch einen Film zu machen, war diese Last des Schweigens eine ganz entscheidende Komponente, die ich einbeziehen wollte. Mein Ansatz war, das staatliche Narrativ, auf das man sich schon schwer genug einigt, dem Narrativ in den Familien gegenüberzustellen.

Können Sie kurz das Konzept der nationalen Gedenkpavillons in Auschwitz beschreiben?

FABIAN EDER: Die Geschichte der permanenten österreichischen Länderausstellung in Auschwitz ist eine ambivalente. Im Stammlager gibt es die ehemaligen Zellenblöcke, wo sich die nationalen Ausstellungen aus vielen Ländern befinden. Ausschwitz verfolgt dabei das Dogma, wonach jede Ausstellung mit spätestens 8. Mai 1945 enden muss und nicht weitergehen darf. Das hat im Laufe der Jahre in so manches Dilemma geführt, weil z.B. Jugoslawien als ein Staat nicht mehr existiert, und heute jedes Land am Westbalkan natürlich seine eigene Geschichte über den Holocaust erzählen will. Die Bundesrepublik Deutschland durfte – und darf – als „Täterland“ gar nicht ausstellen, hingegen die DDR schon. Österreich durfte deshalb ausstellen, weil man ihm den so genannten Opferstatus zuerkannt hat. Im Gedenkjahr 1978 wurde die erste Ausstellung eröffnet, gestaltet wurde sie von österreichischen Widerstands- und Spanienkämpfer*innen. Aus deren – persönlicher! – Sicht ist der Satz, dass Österreich das erste Opfer der Naziaggression war, richtig. Nur wurde diese Perspektive national vereinnahmt, wodurch die Legende, dass alle Österreicher*innen „Opfer“ des Anschlusses waren, zum Herzstück des staatlichen österreichischen Geschichtsnarratives wurde. Das ist nicht legitim. Und genau das hat der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky in seiner historischen Rede 1991 richtiggestellt. In Folge dieser Rede wurde 1995 der Nationalfonds der Republik Österreich gegründet und 2009 von der damaligen Regierung beschlossen, diese Ausstellung neu zu gestalten, um einer differenzierten Sichtweise Raum zu geben. Das Interessante daran ist, dass diese Ausstellung, ganz polemisch gesagt, von Österreichern kaum besucht wird, abgesehen von ein paar Schulklassen, die sich gelegentlich nach Auschwitz verirren. Trotzdem hat sie innenpolitisch eine weit größere Relevanz, nicht zuletzt, weil sie als die Visitenkarte Österreichs in der Welt gesehen wird. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass dieses Thema noch immer eine offene Wunde mit innenpolitischer Brisanz ist, zeigt alleine die Tatsache, dass wir vor wenigen Jahren einen Vizekanzler hatten, der in seiner Jugend in der Kampfsporttruppe des verurteilten Neonazis Gottfried Küssel an der Waffe ausgebildet wurde, und das im parteiübergreifenden – vor allem aber unbegreiflicherweise in einem medialen Konsens abgenickt wurde. Wir haben das noch lange nicht in seiner Dimension eingeordnet.

Die lange Eröffnungssequenz zeigt den Abbau der Ausstellung, auf der Tonebene ist parallel dazu Hitlers Rede an Österreich vom 13. März 1938 zu hören; beide Ebenen sind voneinander entkoppelt und erzeugen Spannung, was man als formales Leitmotiv und Grundstruktur des Films wahrnimmt. Spannung zwischen Ton und Bild, zwischen den verschiedenen Gesprächsmotiven, zwischen den Generation. Wie haben Sie zu diesem Spannungsthema hingefunden?

FABIAN EDER: Wir haben nach Paarungen mit Zeitzeugen gesucht, die am Film mitwirken wollten und zu unserer Überraschung haben sich viel mehr Leute gemeldet als wir gedacht hatten. Resultat war, dass wir vor einem enormen Berg an Material standen, das zu sichten und ordnen lange gedauert hat. Der Faktor Zeit war in dieser Arbeit extrem wichtig. Ich hatte geplant, den Film mit der Münchner Editorin Ulrike Pahl zu schneiden, die zu jenem Zeitpunkt gerade in Pension gegangen ist. Sie hat sich die ersten Muster angeschaut und meinte, dass eine jüngere Person mit diesem Material umgehen sollte, da es meine Absicht war, vor allem ein jüngeres Publikum zu erreichen. Das hielt ich für einen sehr spannenden Zugang. Ich habe dann mit Esther Fischer eine ganz junge Editorin an der Filmakademie gefunden, die sich langsam eingearbeitet hat und schließlich voll hineingekippt ist. Wir mussten aber beide immer wieder ganz bewusst einen Schritt zurücktreten, weil uns das Material teilweise ziemlich an die Nieren gegangen ist. Wir hatten es insgesamt mit 23 Dialogen zu tun, wo jede einzelne Geschichte sehr herausfordernd war. Wenn man sich mit dem Holocaust beschäftigt, gelangt man an Fragen, die man weder beantworten noch begreifen kann. Man braucht immer wieder Distanz. Es war ein langes Mäandern, vor und zurück. Als wir das Material erfasst hatten, begannen wir für den Film eine Dramaturgie zu bauen, der wir in unserer Arbeit konsequent gefolgt sind. Bemerkenswert ist aber, wie unheimlich präzise Esther Fischer die Dialoge geschnitten hat. Das ist für eine so junge Editorin außergewöhnlich.  

Für die Gespräche gab es grundsätzlich zwei Settings: die Gespräche mit Bezug auf die Neugestaltung des Pavillons finden alle am selben Ort statt, die Erinnerungsdialoge in einem bewegten Setting im Abteil eines fahrenden Zuges. Wie sind diese beiden unterschiedlichen Ansätze entstanden?

FABIAN EDER: Wir haben uns die Frage gestellt, wie wir die Diskussion um das staatliche Narrativ vom privaten unterscheiden. Für ersteres entschieden wir uns für eine klassische Interviewsituation, die vor dieser Backsteinmauer stattfindet. Für die privaten Erzählungen habe ich gemeinsam mit dem Szenenbildner Rudolf Czettel lange nach einer Lösung gesucht. Es war für mich undenkbar, mit mehreren Kameras zu einem Zeitzeugen ins Wohnzimmer zu gehen. Ich wollte nicht, dass der Raum rund um das Gespräch eine Rolle spielte, dass die Menschen mit ihrem privaten Umfeld in Verbindung gesetzt wurden und ich wollte die sozialen Unterschiede aufheben, was letztlich nur in einem öffentlichen Raum möglich ist. Als die Idee des Zugs aufkam, schien mir das zunächst nicht umsetzbar. Die Lösung lag dann in einem Studiobau. Dazu gab es lange Tüfteleien, wie die Gesprächspartner*innen trotz der Kamera das Gefühl hatten, einen geschützten Raum zu betreten. Diese Vorbereitung hat sich gelohnt. Sobald die Abteiltür zu war und vor dem Fenster die Projektion der vorbeiziehenden Landschaft angefahren ist, die wir live und nicht erst im Nachhinein eingespielt haben, haben diese Gespräche begonnen, die bis zu dreieinhalb Stunden gedauert haben. Der Zug hat nicht nur die Konnotation der Deportation, sondern die vorbeiziehende Landschaft erzeugt eine zusätzliche zeitliche Ebene, die klassische eine Gesprächssituation in einem statischen Studio nicht herstellen kann.

Es finden Gespräche mit einem sehr breiten Spektrum an Zeitzeugen statt. Wie ist dieses Spektrum entstanden?

FABIAN EDER: Wir haben zunächst einmal versucht, alle Opfergruppen abzudecken, was uns bis auf Roma und Sinti, wo wir niemanden mehr gefunden haben, gelungen ist. Was uns wichtig war und sich als viel schwieriger herausgestellt hat, war, Menschen zu finden, die man als „Mitläufer“ bezeichnen kann. Da gibt es eine große Zurückhaltung und Angst, über diese Zeit zu sprechen; dass sie so massiv ist, hat mich sehr irritiert. Es hat vielleicht mit Scham zu tun, aber vor allem mit einem Nicht-Wissen, wie man damit umgeht. Und es wirft für mich die Frage auf, wie nachfolgende Generationen, die sich ohne Täter gewesen zu sein, immer noch schuldig fühlen, von dem Gefühl der Schuld hin zum Wahrnehmen einer Verantwortung gelangen. Das Darüber-Schweigen hilft nicht weiter.

Gab es mit den jungen Gesprächspartner*innen vorbereitende Gespräche, ehe sie sich in den Dialog vor der Kamera begeben haben?

FABIAN EDER: Diese Überlegung gab es und wir wurden auch seitens der jungen Leute gefragt, wie sie das Gespräch führen sollten; wir haben das dann aber total reduziert. Meine einzige Anleitung war: „Wenn du nicht weißt, wie du das Gespräch anfangen sollst, frag deine Großmutter oder Großvater einfach, wann und wo sie geboren sind“. Allein Ort und  Zeitpunkt der Geburt dieser Generation, der zwischen Anfang der 1920-er und Anfang der 1930-er Jahre liegt, haben die Gespräche in Gang gesetzt. Meine zweite Bitte war, nicht bei 1945 Schluss zu machen, sondern die Erinnerungen bis ins Heute weiterzuführen. Ich halte das für ganz besonders wichtig, denn es ist ein entscheidender Irrtum in unserer Aufarbeitung, dass mit der Entnazifizierung 1945 alles wieder in Ordnung gewesen wäre.

Die Gespräche finden grundsätzlich zwischen Großeltern und Enkelkindern statt, eines der Gespräche führen Sie selbst, und zwar jenes mit Aba Lewit. Es ist ein besonders berührendes Gespräch, das bestimmt für Sie auch eine besondere Erfahrung war.

FABIAN EDER: Es war vielleicht das wichtigste Gespräch, das ich in meinem Leben führen durfte. Aba Levit hatte keine Enkelkinder, daher tauchte die Frage auf, mit wem er dieses Gespräch führen würde. Es gab viele Vorschläge, keiner war vollkommen überzeugend. Irgendwann habe ich ihn gefragt, ob er das Gespräch mit mir machen würde. Das hat er bejaht. Ich überlegte dann, wie ich mich auf das Gespräch vorbereiten konnte und saß schon vorm Computer, um zu recherchieren. Da sagte ich mir aber, „Genau das machst du jetzt nicht“. Ich wollte ihm so begegnen, als säße ich ihm zufällig im Zug gegenüber. So ist das Gespräch dann auch gelaufen und es hat mich in vielen Punkten so erwischt, wie es mich erwischt hat.

Der schönste Tag ist ein Film, der einmal mehr die Bedeutung des Redens, des Austauschs, des Dialogs vor Augen führt, der aber auch viele Gründe des Schweigens ersichtlich macht.

FABIAN EDER: Das Schweigen geht mit dem Reden einher. Ein ganz wichtiger Teil des Narrativs ist das, was nicht erzählt ist. Wie das Bild ja auch aus dem besteht, was es nicht zeigt. Geschichten wie die von Aba Levits Frau, die nicht sprechen konnte, gibt es unzählige. Auf der Opfer- wie auf der Täterseite. Daher gelangt man auch immer wieder an die Punkte des absolut Unbegreiflichen.

Zwischen den beiden Gesprächssettings gibt es immer wieder Bilder von Gedenkstätten, Monumenten, Gedenkfeiern, die im Heute verankert sind und die Frage aufwerfen: Was bleibt von den Ungeheuerlichkeiten und Unfassbarkeiten, die an den Orten erlebt worden sind?

FABIAN EDER: Quer durch Europa gibt es eine Gedenkkultur, die sich höchst unterschiedlich gestaltet. In Auschwitz-Birkenau verfolgt man den Ansatz, dass man den Status vom 8. Mai 1945 konservieren möchte. In Mauthausen versucht man, ein Museum zu machen. In Krakau ist das Lager, von dem Aba Levit erzählt, heute ein öffentlicher Park, wo die Radfahrer durchfahren. Ein unbeschreibliches Gefühl habe ich erlebt, als ich vor der Villa stand, die der österreichische Lagerkommandant Amon Göth bewohnt hatte, einer der abscheulichsten Schlächter der Geschichte. Die Villa ist heute in Privatbesitz, ein Dreirad liegt vor der Garage herum. Das konfrontiert einen mit der Frage, wie man mit einem Bauwerk umgeht. Irgendwann hat der polnische Staat die Villa nicht mehr für erhaltenswert empfunden und sie verkauft und jetzt wohnt halt jemand dort. Da spielt sich so eine Diskrepanz ab. Ich kann es schwer verstehen, aber auch nicht verurteilen. Funktioniert die museale Konservierung aus einer gewissen Distanz? Wenn man in Auschwitz durch das Museum geht, ist man berührt, erschlagen …aber das wirklich Berührende ist, wenn man hinter die Kulissen in die Restaurierungswerkstätten schauen kann und sieht, wie Mitarbeiter*innen dort den Rost von den Gasdosen kratzen.

Ein eindringliches Beispiel ist auch das gelbe Stoffstück, auf dem im Rapport Judensterne gedruckt sind und sich unzählige Einzelschicksale auf einem banalen Stück Stoff verdichten.

FABIAN EDER: Das ist ein gutes Beispiel. Die Aufnahmen von diesem Stück Stoff sind im Zuge der Vorbereitungen für die Ausstellungsgestaltung getroffen worden. Ja, ich stimme zu, in diesem Stück Stoff steckt die Industrialisierung des Einzelschicksals und gleichzeitig stehen da ein paar erwachsene Menschen und überlegen stundenlang, wie sie dieses Stück Stoff hinlegen sollen, um ihn am besten fotografieren zu können. Das beinhaltet für mich in einer Nussschale die Hilflosigkeit, wie wir damit umgehen. Ich glaube, diese Frage ist nicht eindeutig zu lösen und jede Generation wird ihre eigene Erzählung brauchen.

Wie lange haben Sie den Prozess der Neukonzeption der Ausstellung in Auschwitz begleitet. Wie sah der Stand der Dinge am Ende aus?

FABIAN EDER: Wir haben 2016 mit den Vorbereitungen für den Film angefangen. Die Ausstellung war, glaube ich 2018 fertig. Dann kam eine relativ unkontrollierbare Ebene von Seiten des staatlichen Museums Auschwitz dazu, als sich herausstellte, dass dieser Zellenblock renoviert werden musste, was wiederum nur unter der strengen Aufsicht des Denkmalschutzes geschehen darf.  Damit hat sich die Umsetzung der Ausstellung unkalkulierbar verzögert und wir konnten mit der Fertigstellung des Films nicht so lange warten. Die Konstellation in Auschwitz ist sehr komplex, auch die polnische Regierung wacht darüber, dass in der Kommunikation über Auschwitz Polen nicht als Täter dargestellt werden und damit sind wir wieder bei unserer Ausgangsfrage zum offiziellen Narrativ. Ich habe ein sehr langes Gespräch mit dem Historiker Gerhard Botz geführt, in dem er den Begriff der  Geschichtspolitik analysiert. Er hat einen Vergleich zu den Taliban und deren Zerstörung der fünftausend Jahre alten Buddha-Statuen gezogen. Es wird eine Vergangenheit vernichtet, um eine andere Gegenwart oder Zukunft zu öffnen. Es ist fast wie eine Zeitreise. Genauso ist der Streit um das Narrativ über die Nazi-Herrschaft so eminent, weil es noch immer so stark auf unsere Gegenwart und auch auf unsere Zukunft wirkt. Jetzt mehr denn je. Schauen wir uns nur den „heiligen Graal“ der weinerlichen Schuschnigg-Worte „Gott schütze Österreich“ an, die so verklärt im kollektiven Bewusstsein verankert sind. Dass er ein Diktator war und seine Politik Hitler den Weg nach und durch Österreich geebnet hat, wird geflissentlich ausgeblendet. Da ist bis jetzt nicht sauber aufgearbeitet worden, und eine Aufarbeitung wird auch nicht funktionieren, so lange sie über gegenseitige, parteipolitische Schuldzuweisungen ausgetragen wird.

Es gibt zwei sehr lange Tondokumente, die sich in Der schönste Tag über die Bilder legen und wichtige Säulen in der Dramaturgie bilden: Hitlers erste Rede am Heldenplatz am Tag des Einmarsches der deutschen Truppen und Franz Vranitzkys Rede im österreichischen Parlament 1991 mit dem Bekenntnis zur österreichischen Mittäterschaft. Worin liegt ihre zentrale Rolle?

FABIAN EDER: Hitlers Rede steht zu Beginn, Vranitzkys Rede zu Ende des Films und in der Mitte steht die Moskauer Deklaration als Manifest der Opfer-These. Die zwei langen Reden habe ich deshalb einander gegenübergestellt, weil es mir stark um das Bewusstsein der Verantwortung geht und wohin es führen soll. Ich glaube, dass wir als Land und Gesellschaft vor Entscheidungsfragen stehen. In der Menschheitsgeschichte hat nichts ewig gehalten, es wird auch die Demokratie, wie wir sie kennen, nicht tun. Die Frage wird sein, was kommt dann? Diesen Fragen muss man sich stellen und ehrlich zu sich sein. Franz Vranitzky hat in meinen Augen einen wirklichen Meilenstein mit seiner Rede gesetzt und einen unheimlichen Hass auf sich gezogen, weil er in eine offene Wunde gestoßen hat, mit der wir bis heute zu kämpfen haben. Für Hitlers Rede gilt dasselbe. Ich habe mich entschieden, die Reden in dieser Länge zu lassen, weil sie in der Regel verkürzt wiedergegeben werden. Wovon Hitler da spricht, ist nicht die Phantasie eines Diktators. Nach dem Krieg wurde gesagt: „Der Hitler war schuld“. Das war praktisch, die Bilder von ihm konnte man in den Mistkübel schmeißen und fertig. So war es nicht. 1920 gab es einen parteiübergreifenden Konsens darüber, dass sich Österreich mit Deutschland zu einem großen Reich vereint. Was rund um diesen 13. März 1938 in Wien passiert, war gesellschaftlicher Konsens. Aber noch bevor Hitler in Wien war, ist eine Hatz gegen die Juden losgegangen, von der sich selbst das Parteiorgan der NSDAP, Der Stürmer, distanzierte. Drei Monate später war Österreich praktisch judenfrei. Da ist etwas losgetreten worden und eine Seite der Menschen, die in unserem Land gelebt haben, ans Tageslicht gekommen, die wegeschoben wird. Man greift gerne auf die Handvoll Widerstandskämpfer*innen zurück, die es gegeben hat und die man nicht hoch genug ehren kann – aber man kann den Widerstand in Österreich nicht mit einer Résistance in Frankreich vergleichen. Das hinterlässt einen mit vielen Fragen und vielen Zweifeln.

Wie kam es zum Titel „Der schönste Tag“?

FABIAN EDER: Die Idee zu diesem Titel entstand bei einer früheren Schnittfassung. Kurz zurück: Wir haben ja parallel zum Film auch die Serie Talk to me sozusagen als Ableger gemacht. Wenn wir die nicht gemacht hätten, dann wäre der Film siebeneinhalb Stunden lang geworden. Mit dem Format der Serie konnte ich alle Zeitzeugen, die mit uns gesprochen haben und das Erbe, das sie hinterlassen haben, auch entsprechend aufbereiten und zugänglich machen. Ohne diese Serie hätte ich für den Kinofilm keinen einzigen Zeitzeugen rausschneiden können. In einer dieser Schnittfassungen kam das Gespräch auf Taras Borodajkewycz, der Anfang der sechziger Jahre als Universitätsprofessor neonazistischen Äußerungen getätigt hat, u.a. sagte er, der Tag des Anschlusses im März 38 sei für ihn der schönste Tag seines Lebens gewesen. Daher rührt die Idee zum Titel. Als aber diese Geschichte hinausgeflogen ist, standen wir erneut vor der Titelfrage. Wir kamen zu dem Schluss, dass diese Episode, ob in unserem Film oder nicht, auf jeden Fall existierte und es besteht darüber hinaus das Recht diese drei Worte unterschiedlich zu konnotieren. Das haben wir uns herausgenommen.   

Ihr Gesprächspartner Gerhard Kastelic, der seinen Vater, der als Widerstandskämpfer hingerichtet worden ist, nie kennengelernt hat, bringt viele unbeantwortbare Fragen auf den Punkt, da er als Nachkomme eines Opfers mit der aktuellen Darstellung nicht zufrieden ist. Wir sehen die Bedeutung der individuellen Geschichtserzählung, aber auch die der offiziellen, die, verantwortungsvoll aufbereitet, auch ein wichtiges Korrektiv ist.  Wo kommt man da zu einer guten Antwort?

FABIAN EDER: Ich glaube, das ist die Kernfrage und die Herausforderung, vor die wir uns und auch die nächste Generation immer wieder stellen müssen. Darauf gibt es keine finale Antwort. Es wird sich mit der zeitlichen Distanz vielleicht glätten. Ich glaube aber, dass es noch sehr lange dauern wird, weil das Ereignis von Erstem und Zweitem Weltkrieg in Kombination mit dem Holocaust so massiv ist, dass seine Auswirkungen uns noch lange beschäftigen und betreffen werden.

Interview: Karin Schiefer
Mai 2021


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KEINE INSEL

Zum Tellerrand Europas

In seinem Film „Keine Insel“ thematisiert Fabian Eder die Flüchtlingspolitik der EU. Ein poetischer Essay als politisches Statement: Am Sonntagabend in ORF2.

   (Die Presse)

Am Ende waren 366 tot. Menschen, die ein sicheres Leben suchten – eines, das ihnen die Heimat nicht bieten konnte oder wollte. Sie haben die Flucht angetreten – aus wirtschaftlichen, politischen, manche aus religiösen Gründen. Vielleicht waren es auch Leute, die es einfach besser haben wollten, eine bessere Zukunft für ihre Kinder suchten? Am 3. Oktober 2013 endete ihr Weg im Ionischen Meer vor Lampedusa in einer der bittersten Flüchtlingskatastrophen – knapp vor den Toren Europas. Schon wenige Wochen nach dem Unglück machte sich der Autor und Filmemacher Fabian Eder auf den Weg übers Meer – von Griechenland nach Malta, Lampedusa und Sizilien, um für den Film „Keine Insel“ die Spur der Bootsflüchtlinge aufzunehmen und zu erkunden, wie sie am Ziel aufgenommen werden.
„Problem Asyl wird abgeschoben.“ Wie ist Eder auf die Idee gekommen, mitten im Winter in einem zwanzig Jahre alten Segelboot in See zu stechen? „Auslöser war jene Mitteilung vom letzten EU-Gipfel Ende Oktober, in der es hieß, dass die Staats- und Regierungschefs ihre ,Migrationspolitik auf der europäischen Ebene‘ nach den Tragödien von Malta und Lampedusa wohl nicht verändern würden“, schrieb Eder Ende November in seinem Blog. „Während die national ausgerichtete Politik am Kontinent froh ist, dass sie das Problem der Migration und des Asyls auf die Inseln weit draußen abschieben und damit aus dem Blickfeld verbannen kann, ist es eine vergleichsweise winzige Gruppe von europäischen Mitbürgern, welche am äußeren Rand des vollen Tellers Europa lebt und damit allein zurecht kommen muss.“
Gemeinsam mit Matias Lackner, Christoph Grasser und Marcus Schindler-Strauss segelte er auf dem kleinen Segelboot „Europa“ los und traf auf unerwartete Sorgen – und ebenso unerwartete Gastfreundschaft.
Die Sorgen kamen zuerst. Was, wenn man bei der nächtlichen Fahrt vor Malta plötzlich auf eines dieser meist völlig überfrachteten Flüchtlingsboote stößt? Dreißig, vierzig Menschen könnte die „Europa“ nicht fassen– einfach weiterfahren wäre undenkbar. Nach Italien mitnehmen dürfte man die illegalen Einwanderer jedoch auch nicht, obwohl das Seerecht gebietet, sich um Menschen in Not zu kümmern. Aber wer Flüchtlinge mit nach Italien nimmt, macht sich der Schlepperei schuldig… „Europa steht trotz seiner christlichen Grundwerte den Dramen im südlichen Mittelmeer völlig hilflos – oder ignorant? – gegenüber. Die Menschen, die an der südlichen Außengrenze der Union leben, werden mit diesen Problemen allein gelassen“, heißt es auf der Homepage europeinbloom.eu/noisland/.
Weniger eine Doku, eher ein Essay. Das Dilemma bleibt ein theoretisches, denn die „Europa“ schippert allein über die winterliche See. Ungemütlich schaut das aus, und man kann sich vorstellen, wie es den Flüchtlingen ergeht, die ihre Überfahrt ohne adäquate Ausrüstung antreten, ohne Essen, Wasser und adäquate Kleidung.
Gemächlich nähert sich Eders Kahn dem ersten Ziel: Malta. Gemächlich fließt auch sein Film dahin – es ist keine Dokumentation, eher ein Essay, in dessen Verlauf der Erzähler Menschen trifft, die er unvoreingenommen und neugierig nach ihrer Meinung, ihren Erfahrungen und Empfindungen fragt. Den jungen Mann, der Angst hat, die Flüchtlinge könnten ihm den Job wegnehmen. Die Frau, die sich vor Angriffen der für sie fremd aussehenden Afrikaner fürchtet. Aber auch die Fischer, die zwar kaum Geld, aber Mitleid haben: Wir nehmen jeden auf, der in Not ist, sagen sie. Und er trifft eine Lokalpolitikerin, die von Europa humanitäres Engagement einfordert und anprangert, dass die Länder, die die Flüchtlingsströme beklagen, gleichzeitig durch Waffengeschäfte vom Leid in den Krisenregionen profitieren.
Eders Regiedebüt galt der Verfilmung von Barbara Frischmuths Roman „Die Schrift des Freundes“, auch zwei „Tatort“-Episoden stammen von ihm. In „Keine Insel“ arbeitet er nicht mit den bekannten dramatischen Bildern von Stacheldraht und trostlosen Flüchtlingscamps, um das Elend der europäischen Asylpolitik zu verdeutlichen. Er nimmt sich Zeit, eine dramatische Geschichte mit Poesie und Geduld zu entwickeln: Er zeigt havarierte Boote und menschenleere Plätze, zitiert John Donne und hört Teenagern zu, die mit leiser Stimme von zehrenden Odysseen über das Meer erzählen. Dabei wirft Eder immer wieder persönliche Fragen auf: „Ist eine Festung ein gemütlicher Platz zum Leben?“ Ein etwas anderer politischer Beitrag vor der EU-Wahl: Heute, Sonntag (18. Mai), 23.05Uhr, als „dok.film“ in ORF2.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 18.05.2014) – online Original hier: http://diepresse.com/home/kultur/medien/3807130/Zum-Tellerrand-Europas?_vl_backlink=/home/kultur/medien/index.do
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Nicht wir, die Flüchtlinge haben Probleme

Heinz Wagner, Kurier, 16.5.2014
Fernseh-Doku „Keine Insel“ – Fabian Eder unterwegs auf der „Europa“ vor Lampedusa, Malta und Sizilien.
Im Oktober des Vorjahres ertranken vor Lampedusa mehr als 350 Menschen, die aus elenden Bedingungen in ihren Heimatländern flüchten wollten. Wenige Wochen später machte sich der österreichische Filmemacher Fabian Eder mit einem kleinen Team auf einem Segelboot namens „Europa“ auf, um diese Insel sowie weitere Zufluchtsorte auf Malta und Sizilien zu besuchen. „Jetzt brennt das Thema unter den Nägeln, jetzt will ich wissen, was da los ist“, begründet er im KURIER-Gespräch seinen raschen Aufbruch trotz winterlicher, eisiger Kälte. „Keine Insel“, die knapp mehr als 50-minütige Doku läuft am Sonntag nach „Im Zentrum“ auf ORF2.
Erdrückende Bilder des riesigen Schiffsfriedhofes hinter dem Fischereihafen in Lampedusa oder lange ruhige Blicke auf Porta d’Europa (Tor nach Europa), das Mahnmal des italienischen Künstlers Domenico Palladino, das an all jene erinnert, die es nicht bis hierher geschafft haben, gehören ebenso dazu wie Gespräche mit Flüchtlingen, Bewohnerinnen und Bewohnern sowie lokalen PolitikerInnen.
Militarisierung
In Lampedusa mit seinen rund 4500 EinwohnerInnen, die zusätzlich rund 2000 Militärs und PolizistInnen beherbergen müssen, kommt vor allem eine Frau lange zu Wort, die Bürgermeisterin Giusi Nicolini: „Das, was Lampedusa so verändert hat, was das Schicksal der Insel so negativ beeinflusst hat, ist die gesamte Flüchtlings- und Einwanderungspolitik, diese Abschottungspolitik Europas. Das führte zu einer militarisierten Insel, auf welcher die Bedürfnisse der Einwohner in den Hintergrund gedrängt worden sind“, sagt sie im Interview. Ruhig und sachlich plädiert sie für den menschlichen Umgang: „Wir sollten unseren Kindern bereits in der Volksschule beibringen, dass Migration etwas völlig natürliches ist und dass die Menschen immer aus den gleichen Gründen ein- und auswandern, nämlich wegen der Ernährung und wegen des Überlebens.“ Sie prangert den scheinheiligen Umgang knapp nach dem großen medialen Echo nach dem Tod hunderter Flüchtlinge auf einmal an: „Unsere Regierung hat die eritreische Regierung zu dem Begräbnis der 366 ertrunkenen Bootsflüchtlinge vom 3. Oktober eingeladen… hätte man rechtzeitig humanitäre Hilfe angeboten, dann hätte man sie jetzt nicht zu diesem Begräbnis einladen müssen.“
Willkürliche Grenzen
Aus vielen der Gespräche habe er selbst, so Eder zum KURIER, gelernt, dass viele der Menschen vor Ort sehr genau erkennen, dass „wir die Grenzen machen und das ziemlich willkürlich bestimmen, wer wo rein darf und wer nicht“ und dann lässt der Film einen Mann auf Sizilien zu Wort kommen der sagt: „Es sind doch nicht wir, die Probleme haben. Probleme haben die Flüchtlinge, sonst müssten sie nicht flüchten.“
Kommentierend zietiert der Film den englischen Dichter des 16./17. Jahrhunderts John Donne, der schrieb: „Niemand lebt als Insel,/Einsam für sich selbst./Jeder gehört zum Ganzen,…“
Heinz Wagner, Kurier, 16.5.2014, 18:00 – Original hier: http://kurier.at/lebensart/kiku/keine-insel-fernsehdokumentation-von-fabian-eder/65.806.822
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DORIS PRIESCHING 15. Mai 2014

Wo das Schweigen Europas aufregt

In der Dokumentation „Keine Insel“ segelt der österreichische Regisseur Fabian Eder über Malta nach Lampedusa. Er stößt auf wütende Einheimische, resignierte Bootsflüchtlinge und auf eine Bürgermeisterin, die nicht aufgibt.
Am 3. Oktober 2013 ertrinken 366 Flüchtlinge wenige Meter vor der Küste der Europäischen Union. Österreichische Leserbriefschreiber kommentieren: „War – um stattet man die Bootsflüchtlinge nicht mit Schwimmflügerln aus?“ Und: „Wenn alle Schiffe sinken, haben wir auch keine Flüchtlinge zu befürchten. Eine Win-win-Situation.“ So viel zur in diesen Tagen gern beschworenen neuen Toleranz. Der Regisseur Fabian Eder liest diese veröffentlichten Auswürfe menschlicher Niedertracht. Und er liest diesen Brief: „Ich bin über die Gleichgültigkeit entrüstet. Mich regt das Schweigen Europas auf, das den Friedensnobelpreis erhalten hat.“ Geschrieben hat Giusi Ni colini, Bürgermeisterin von Lampedusa, und Eder will sie treffen. Die Fahrt nach Lampedusa von Malta über das Ionische ins Libysche Meer unternimmt er mit einem Segelboot. Was er erlebt, fasst er in dem Dokumentarfilm „Keine Insel“ (Sonntag, 18. Mai, 23.05 Uhr, ORF 2) zusammen. Ressentiments Die unbekannte Insel, auf die man alles schieben kann, gibt es nicht. In Malta stößt er vor allem auf die Ressentiments der Bevölkerung. 35.000 Flüchtlinge würden hier leben, schätzt einer. In Wahrheit sind es 60.000, die Ar beitslosigkeit sei nicht gestiegen, sagt die Sozialanthropologin Ma ria Pisani. Eder spricht mit Flüchtlingen, so etwa Alhaid, 17, der vor fünf Jahren aus Gambia floh und im Schlepperboot nach Lampedusa kam. Weil er minderjährig die Flucht überlebte, darf er nicht ausgewiesen werden. Giusi Nicolini will angesichts solcher Katastrophen der Mitmenschlichkeit Eu ropa nicht aus der Verantwortung entlassen: „Wir exportieren Waffen in diese Länder, die dazu führen, dass die Menschen Kriege führen und flüchten müssen“, sagt Nicolini. Während des Drehs bloggte Eder auf derStandard.at. Am 7. Jänner schloss er mit der Frage: „Was bedeutet Heimat für Sie?“ Eine Aufforderung.
(Doris Priesching, DER STANDARD, 15.5.2014) Original hier: http://derstandard.at/1399507388247/Wo-das-Schweigen-Europas-aufregt

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GRIECHENLAND BLÜHT

Projektkritiken.

Ekathimerini

An Austrian documentarist asks how Greeks are faring

By Lina Giannarou

«Unemployment, poverty, riots, bankruptcy: In the eyes of Europeans, Greece is collapsing. But, what it real life like out there, in the olive groves, on the islands and in the tavernas, in Spring 2012?” In early April, the award-winning Austrian author and filmmaker Fabian Eder set off on a journey in a yacht to answer this question and to explore the emotional and mental impact of five years of recession on ordinary Greeks today. “How are they faring with the crisis? What do the reforms means for them? What happened to good old Greece?” If these are the questions in the trailer for “Greece in Bloom,” who wouldn’t want to learn the answers in the film? “Greece in Bloom” is already well under way, as Eder — together with photography director Richard Wagner and photographer Andreas Handl — set off from Hania in Crete in early April and made his way to Ios in the Cyclades, to Monemvasia and to Pyrgos in the Peloponnese, and then to the Ionian island of Zakynthos and Ithaca, narrating his experiences along the way. His journey will end in Messolonghi in western Greece. The objective of “Greece in Bloom” is to put the material Eder gathers on his journey together into a 50-minute documentary for Austrian television, in order to depict a “timely portrait of Greece, in contrast to the miserable daily economic reports, which shock us and frighten us — because hate is a very short distance away from fear.” The idea for “Greece in Bloom” came quite unexpectedly as Eder was having breakfast with his actress wife Katharina Stemberger. Their conversation was revolving around the subject of how unfair the criticism against Greece could be in the Austrian and other European press. “The Greeks need to be given a voice, here and now,” said Eder, and the idea was born. While filming, Eder and his small crew are also keeping a blog (griechenlandblueht.wordpress.com), featuring photographs and comments of their experiences. In Mani, they wrote about Stefanos, a 26-year-old policeman they found playing traditional music on his guitar. “When I was still posted in Athens, a 19-year-old Pakistani man asked me to arrest him even though he had done nothing wrong, simply so he could get something to eat,” Stefanos said. “Someone who reaches the point of stealing because of hunger cannot be considered a thief.” On Easter Sunday on April 15, Eder and his crew were in Daimonia in Laconia in the Peloponnese. “These are people with hearts of gold, who work hard and live in one of the most beautiful places. People whose eyes sparkled with smiles until not so long ago. People of irresistible beauty, who are so different from the front-page stories… And there we were, three strange foreign from the North, sitting in the middle, as though we always belonged there. True hospitality, the true spirit of Christianity,” they wrote in their blog. Greeks are not defined by the crisis, according to the Austrian documentary makers. New terms other that debt haircut and gross domestic product need to become re-associated with crisis-hit country. Its culture, hospitality and Mediterranean lifestyle, even the departure of winter, they say, are pointing to the exit from the crisis. “Sailing in Greece reveals a country that is worth exploring, a country that, in contrast to the daily media reports about it, emanates hope.” Through the blog, “Greece is Bloom” is already gaining popularity as hundreds of visitors from all over the world log in every day to read the crew’s comments. “People need perspectives, ideals and a view of beauty. Where else, but in the cradle of our civilization, the foundation of our culture and our values, could we find these?,” Eder says in his online introduction to “Greece in Bloom.”

ekathimerini.com , Sunday April 29, 2012 (21:29)

Austrian Director Shoots Documentary Film ‘Greece in Bloom’

By Stella Tsolakidou on May 2, 2012

“Unemployment, poverty, unrest, default. In the eyes of the Europeans, Greece is collapsing. But what is life really like out in the olive groves, on the islands and taverns during the Spring of 2012?” All throughout April, awardwinning Austrian author and director Fabian Eder, along with DPs and photographers Richard Wagner and Andreas Handl, travelled from Crete to Western Greece to answer this question and create a current, multimedia portrait of a country that has been crippled by the economic crisis and received numerous negative reports by international media. “Greece in Bloom” is a project that aims to break down stereotypes and prejudice formed lately against Greece and its people. The initial idea was born out of the blue, while Eder and his wife, Katharina Stemberger, were having their breakfast. Their discussion revolved around the unfair mourning over Greece’s fate and the social alienation of its people due to unfavorable media reports. “Greece in Bloom contributes to the way out of a crisis, which naturally – and luckily – concerns all of us, all European citizens. Greece and its population…that is more than an economic crisis. Values other than gross national product and the cutting of debts need to be focused on for a perspective to arise for finding a way out of the dilemma.” Shooting began early in April and was set to be finished by early May. The 50 minute-long feature film will be ready by the end of the month, and will present Greece to the Austrian public in a completely different light from the one that reduced tourist arrivals from Austria by 50 percent. The Austrian team was interested in capturing everyday life of the Greek people away from politics. Besides shooting, Eder and his partners kept their online blog griechenlandblueht.com

The Greek Reporter – europe

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„KEIN ENTKOMMEN“ (aus der Reihe „Tatort“)

TV Kritiken

Es ist Krieg

Von Holger Gertz, 04.02.2012

In Wien wird der Kopfschmerz „Schädelweh“ genannt, das passt zum Sound einer Stadt, in der alles abgründiger, schmerzvoller und aussichtsloser ist als anderswo. Der Wiener Chefinspektor Moritz Eisner leidet an Schädelweh, sein Husten ist ein Bellen, sein Niesen ein Peitschenknall. Er trägt eine Wollmütze, die ihm nicht steht. Die Grippe geht um, die ganze Stadt liegt fiebernd im Bett. In Wien bedeutet das: Die ganze Stadt ist gedanklich bereits auf dem Weg hinaus zum Zentralfriedhof. Diese Episode nähert sich also dem Tod einerseits folkloristisch, andererseits mit blanker Entschlossenheit. Serbisch-nationale Kriegsverbrecher machen Jagd auf einen Mann, der früher einer von ihnen war, dann desertierte er, ging nach Wien, jetzt will er auspacken: Mirko Gradic hat in einer Kladde notiert, was er und seine Gefährten damals im Krieg getan haben, wie viele Menschen sie ermordeten, vergewaltigten; für wen sie Gräber ausgehoben haben.Es kommt zu zahlreichen Exekutionen in diesem bemerkenswerten Tatort, Regisseur Fabian Eder lässt Dunkelmänner sterben, aber auch Polizisten und Sicherheitsleute. Der Film ist ein Thriller, stark verdichtet, dabei spinnt er doch vor allem das weiter, was tatsächlich geschehen ist und nach wie vor gärt. Die vielen unerzählten Geschichten aus dem Balkankrieg. Die vielen nicht vergessbaren Bilder. Die Traumatisierten oder vom Krieg Berührten, die es nach Wien verschlagen hat, wo sie Tschuschen genannt werden, das hört sich auch im speziellen Klang dieser Stadt nicht zärtlich an.Harald Krassnitzer (Moritz Eisner) und Adele Neuhauser (Bibi Fellner) sind ein sehr feines Ermittlergespann, beide vom Leben ein paarmal bei 90 Grad durchgewaschen. Jetzt passen sie gut aufeinander auf, denn die Dramaturgie lässt das Warme immer neben dem Kalten existieren. Einmal liest Gradic seinem kleinen Sohn eine Gutenachtgeschichte vor. Sie handelt von Fischen, die wie Menschen sind, sie wagt sich vor an den Kern: „Denn ich bin: Ich weiß nicht wer, schwimme hin und schwimme her. Schwimme her und schwimme hin, möchte wissen, wer ich bin.“

Dieser Tatort erzählt eine große Geschichte, wie alle großen Geschichten handelt sie vom Verlieren und Verlorengehen. Und wie alle großen Geschichten endet sie nicht mit dem Gewinnen oder Gefundenwerden. Am Ende huschen zwei Schatten ins Bild, die schweigend erzählen, dass alles noch abgründiger, schmerzvoller, aussichtsloser werden kann. Nicht nur in Wien.

Süddeutsche Zeitung
Medien, Tatort-Kolumne.

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SPIEGEL ONLINE

„Tatort“ über Kriegsverbrecher

Servus, Karadzic!

Von Christian Buß

Wenn in Wien die serbischen Wölfe heulen: Im neuen „Tatort“ aus Österreich kriegen es Moritz Eisner und Bibi Fellner mit Kriegsverbrechern zu tun. So eisig und so verstörend wie in diesem Völkermord-Krimi kam die Donau-Metropole selten daher. Eigentlich müsste er tot sein. Niedergestreckt aus nächster Nähe durch einen ehemaligen serbischen Elitesoldaten. Doch Mirko Gradic (Christoph Bach) hatte Glück. Die in Wien grassierende Grippewelle erfasst den Lastwagenfahrer, die Auslieferung übernahm ein Kollege, jetzt liegt da der Ersatzfahrer auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums im eigenen Blut. Der Manager des Kommerztempels ereifert sich derweil im widerlichsten Schmäh darüber, dass sie sich doch alle schön untereinander umbringen sollen, die Ausländer, die Studenten und all die anderen Asozialen. Es klirrt vor Kälte in diesem „Tatort“, der Wien von seiner scheußlichsten Seite zeigt. Für den vorerst verschonten Gradic wird es trotzdem nichts mit einem Vormittag im Bett: Der Killer dringt in seine Wohnung ein, Gradic springt im Schlafanzughose aus dem dritten Stock auf ein Autodach, sprintet halbnackt über die Kreuzung, hastet in den U-Bahn-Tunnel, stürmt in die Bahn, steigt am Hauptbahnhof aus, öffnet ein Schließfach und schließt sich mit dem Inhalt auf dem Klo ein: ein Tagebuch, in dem penibel alle Greultaten der serbischen Elite-Einheit „Heilige Tiger“ vermerkt sind, die diese während des Kosovo-Kriegs verübt hat. Die Gefühle in diesem winterlichen „Tatort“ sind eingefroren wie die Straßen, trotzdem ist hier alles in Bewegung. Es gibt keine Ruhe, kein Verstehen. Major Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) schaut mit Grippe-roter Nase und blutunterlaufenen Augen aufs Geschehen, er will zurück ins Bett. Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) sprudelt über vor Energie; seit die Alkoholikerin trocken ist, dimmt nichts mehr ihr Bewusstsein. Ihre neuen Rauschmittel: heiße Zitrone und rohe Knoblauchzehen. Hält die Viren fern, bläst den Kopf durch. Kapieren tut Fellner trotzdem nicht, wer in ihrer Stadt wen bekämpft. Wer hat mehr Leichen in seinem Quartett? Wien sei die „viertgrößte serbische Stadt der Welt“ heißt es einmal im Film; die Verteilungsschlachten, die innerhalb dieser Ethnie toben, bleiben allerdings unübersichtlich: Alte serbische Wölfe treffen hier auf Aussteiger wie Gradic, schon vor Jahrzehnte aus Ex-Jugoslawien ausgewanderte Familien auf junge Neo-Nationalisten. Den Ermittlern schwant das Ausmaß des neuen Falls erst, als auf einmal Vertreter von Interpol in ihrem Büro stehen, um ihnen den Fall abzunehmen. Wer besitzt hier die Kompetenzen? Eisner pocht auf seine Ermittlungshoheit, schließlich gehe es um Mord; die Frau von Interpol sieht sich verantwortlich, man untersuche doch einen Völkermord. Eisner motzt: „Wollen sie jetzt mit mir Quartett spielen? Wer hat mehr Leichen?“ Im Gegensatz zu Hans-Christian Schmids schmerzhaft präzisem Justizdrama „Sturm“, in dem es um die zermürbende Arbeit geht, die eine Anklägerin des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag hat, als sie serbische Kriegsverbrecher zu überführen sucht, bleibt dieser „Tatort“ an der Oberfläche der oft jahre-, wenn nicht gar jahrzehntelangen Ermittlungen in Sachen Völkermord. Am Drehbuch waren vier Autoren beteiligt (unter anderem Lukas Sturm), viele Aspekte des Themas werden nur angerissen, andere zu plakativ in den Vordergrund gestellt. Wer sich mit den serbischen Kriegsverbrechern beschäftigt hat, der wird hier in einer gütig lächelnden Figur mit Vollbart schnell den ehemaligen Serbenführer Radovan Karadzic wiedererkennen, der sich lange durch eine ähnliche Maskerade seinen Verfolgern entzog. Trotzdem gelingt es Regisseur Fabian Eder in diesem gekonnt als klassischen Killer-Thriller inszenierten Politkrimi eine permanente Stimmung der Verunsicherung zu schaffen: Keine Familie, keine Wohnung, keine Festung gibt es in dem vollvereisten Wien dieses „Tatort“, die Schutz bieten könnten vor den Wölfen Serbiens. Der Balkankrieg, hier ist er noch nicht vorbei.

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NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG

Noch nie gab es mehr Leichen als im neuen Krimi aus Wien – Dennoch ein erstklassiger Thriller

Todesrekord im „Tatort“

Osnabrück. Ganz schön krass, Herr Krassnitzer! Der Wiener „Tatort“ mit dem populären Darsteller des Kommissars Moritz Eisner fordert am Sonntag mehr Todesopfer als jeder andere Krimi in der über 40-jährigen Geschichte des ARD-Klassikers. Am Ende werden es 15 Leichen sein. Dennoch ist „Kein Entkommen“ ein ausgezeichneter Thriller.

…Lange ist „Kein Entkommen“ ein relativ normaler und absolut überdurchschnittlicher „Tatort“, dann aber kommt es zum Blutbad. Wobei man dem Film zugutehalten muss, dass er sich niemals an der Darstellung grausamer Gewalt weidet. Nirgends hätte man diese Handlung besser ansiedeln können als in Wien. „Wir sind die viertgrößte serbische Stadt“, sagt der in Österreichs Hauptstadt lebende Fabian Eder im Gespräch mit unserer Zeitung. Er hat bei „Kein Entkommen“ nicht nur Regie geführt, sondern auch zusammen mit Lukas Sturm das Drehbuch geschrieben und zudem noch die Kameraarbeit übernommen – ein höchst seltener „Hattrick“ in der „Tatort“-Geschichte. „Meine Vorlage für diesen Film war Arkan“, berichtet Eder. Der frühere Auftragsmörder habe im Serbien Milosevics eine „unglaubliche Karriere hingelegt“, wurde Freischärler und Anführer der berüchtigten „Arkan Tiger“. Nach dem Balkankrieg wollte er bei Straffreiheit gegen den serbischen Ex-Präsidenten aussagen – und wurde in einem Belgrader Hotel erschossen. In Wien wurde Arkans Mörder gefasst. Regisseur Eder war zunächst gar nicht bewusst, dass er mit „Kein Entkommen“ einen neuen Leichenrekord aufstellen würde, „aber es wurde beim Dreh bereits gemutmaßt“. Und, so räumt er ein, es habe auch Diskussionen mit Produzenten und Schauspielern gegeben, ob man mit diesem Film nicht eine Volksgruppe pauschal verurteile. Doch Eder steht zu seinem Film: „Es mussten so viele Leichen sein. Wo Gewalt unvermittelt ausbricht, fallen Hemmschwellen. Und in diesen Freischärlereinheiten waren sämtliche Hemmschwellen gefallen.“

Eder macht einiges anders als andere „Tatort“-Regisseure. In seinem Film sprechen die Serben Serbisch und werden untertitelt. „Das war für mich eine dramaturgische Notwendigkeit, und ich denke, dass man das den Zuschauern auch zumuten kann.“ Das Publikum werde ohnehin häufig genug unterschätzt, glaubt der Regisseur. … Auch der „Tatort“ lässt die Zuschauer am Sonntag mit keinem schönen Gefühl zurück. Statt des üblichen humorigen Ausklangs gibt es die Gewissheit, dass kurz nach dem Abspann wieder Menschen sterben werden. Harter Stoff, aber höchst sehenswert. Auch wenn es mit ein paar Toten weniger ebenso gut funktioniert hätte. Joachim Schmitz, NOZ

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Frankfurter Allgemeine

„Tatort: Kein Entkommen“

Mach mir meinen Tag

04.02.2012 · Falsche Namen, falsche Lebensläufe, falsche Hoffnungen: Der „Tatort: Kein Entkommen“ dreht sich um die Frage, ob irgendwer der ist, der er vorgibt zu sein – und ist grandios-düsteres Kino.

Von FREDDY LANGER

Dirty Harry ist nicht die Wirklichkeit, sondern Clint Eastwood in der Rolle des Polizisten Harry Callahan: ein Marmorblock von einem Gesicht, in dem sich kein Fältchen rührt und die Pupille nicht zuckt, während er einem Schurken mit Geisel im Arm seine Smith & Wesson an die Stirne hält und ohne die Zähne auseinanderzunehmen, sagt: „Go ahead, make my day.“ Vier Ganoven hat er zuvor bereits kaltblütig erlegt – nein: hingerichtet. Moritz Eisner ist auch nicht die Wirklichkeit, sondern Harald Krassnitzer in der Rolle eines Hauptkommissars im Wiener „Tatort“. Aber er kommt der Wirklichkeit vermutlich erheblich näher als Eastwood in „Sudden Impact“, wenn er seine Dienstwaffe auf einen Serben richtet, der droht, ein Kind zu töten. „Du hast Angst, Scheißangst“ Es wäre immerhin der Zweite, den Eisner in diesem „Tatort“ erschießt, weshalb die Regel, dass Gesetz auch Gesetz bleiben muss, ausgeblendet scheint. Und dann ist alles denkbar, während ein Strahlen über das Gesicht von Krassnitzer zieht, die Augen zu leuchten beginnen, die Zunge über die Lippen fährt, wenn er lächelt, während er dem Gegner die Mündung an den Kopf drückt, Freude empfindet angesichts dieser Macht und als Zeichen seiner Aggression so fest die Zähne zusammenbeißt, dass die Wangenknochen hervortreten, und er mit einem an Wahnsinn grenzenden Grinsen sagt: „Du hast Angst, Scheißangst.“ Und dann lässt er den, der mit seiner paramilitärischen Einheit während des Balkankrieges Tausende von Muslime hingerichtet hat, niederknien zur Exekution. Vordergründig geht es im Tatort „Kein Entkommen“ um Kriegsverbrecher des Balkankrieges, die sich in Wien mit neuen Identitäten niedergelassen haben und die alles dafür tun, nicht entdeckt zu werden. Wirklich alles. Weshalb es in diesem „Tatort“ vermutlich mehr Tote gibt als je zuvor in dieser Serie. Hier stapft die Polizei buchstäblich über Leichen, vor allem über die von Kollegen.

Qualitäten eines Daniel Craig

Tatsächlich aber geht es um die Frage, ob irgendwer der ist, der er vorgibt zu sein. Von falschen Namen, falschen Lebensläufen, falscher Freundlichkeit und falschen Hoffnungen ist es hier nur ein kleiner Schritt zu falscher Rechtsauffassung – und wie soll da ein Kommissar nicht die Nerven verlieren, wenn man ihn Weichei nennt, einen Wichser und ein Serbe von ihm sagt, dass solche wie er bei ihnen im Kindergarten arbeiteten und nicht bei der Polizei. In diesem Milieu hat auf Dauer Krassnitzers Dackelblick nichts mehr verloren. Und dann zeigt ihm auch noch einer der ehemaligen Milizionäre, wie man im Alleingang mit einem ganzen Trupp bestellter Killer fertig wird – und wie man mit knapp und präzise vorgetragenen Angaben eine ganze Polizeidienststelle in Bewegung bringt. Das hat durchaus die Qualitäten eines Daniel Craig.

„Kein Entkommen“ hat viel mit Kino zu tun (Regie und Kamera Fabian Eder). Es ist eine rasant erzählte Geschichte dort, wo die Idee der ethnischen Säuberung auf eine Welt stößt, deren Phantasie nicht ausreicht, sich all die Greueltaten vorzustellen. Und wo es ebenso der Polizei und Interpol wie dem Zuschauer schummrig vor Augen wird, wenn in der Leitstelle immer mehr Fotografien von Leichen und untergetauchten Kriegsverbrechern an der Wand hängen, bis kein Fleckchen mehr frei ist. Und es ist ein wunderbar rühriger Fernsehfilm dann, wenn jede der Figuren ihr eigenes Mittel gegen die grassierende Grippeepidemie preist – aber alle krank sind außer der gar nicht mehr so neuen Assistentin Bibi Fellner (jedes Mal noch besser: Adele Neuhauser), die ihren Patienten reichlich Obstbrand in heißen Zitronensaft gießt. Sie selbst aber verzichtet auf jeden Schnaps, sogar nachdem sie den nicht enden wollenden Kugelhagel aus einer Kalaschnikow überlebt hat und guten Gewissens ihre Wiedergeburt feiern dürfte. Stattdessen sagt sie an einer Stelle nur lakonisch, sie halte das nicht mehr aus. Wir hoffen doch.