Texte

  • Meine Schuhe sind kaputt
    oder:
    Die sinnlose Aneinanderreihung von Landschaft
    Eine sinnlose Aneinanderreihung europäischer Landschaften zieht an mir vorüber. Dazwischen zu Gedenkstätten herausgeputzte Konzentrationslager. Besucherhorden irren in Grüppchen verloren über den Appellplatz des KZ Dachau. Die Kantine in Mauthausen in ein Fundament aus Beton gegossen, betrieben von der Diakonie. Überall betroffene Schüler, die pietätvoll flüstern, Lehrer, die mit leisen Stimmen dozieren.  Tausende Kilometer, so viele Bilder, so viele Texte, Vorträge, Gedenkstätten und Museen. Ich stumpfe ab, werde zum Verwalter von Zahlen und Bildern. Ein Schwenk […]
  • Wir schaffen das
    Am 12. November 2019 wurde der Film “Keine Insel” an der Uni Bonn im Rahmen einer Ringvorlesung gezeigt, zu der ich eingeladen war. Folgenden Text habe ich zu dem Film verfasst, um die politischen Entwicklungen seit dem Erscheinen des Films zusammenzufassen.
  • Über Grenzen
    Eine Grenze ist eine – letztlich willkürliche – Behauptung. Sie trennt Gebiete von einander ab, sie separiert verschiedene und manchmal auch unterschiedliche Gemeinschaften. Eine Grenze ist eine erdachte Linie, und sie bleibt ein Gedankenkonstrukt, auch wenn man sie durch eine bauliche Maßnahme manifestieren möchte, einen Zaun, oder eine Mauer.
  • Ein österreichisches Gedenkjahr
    Es ist ein merkwürdiges Gedenkjahr, das sich dem Ende zuneigt, wenn wir uns in diesen Tagen an die Novemberpogrome des Jahres 1938 erinnern, an jene Nacht, in der schon wenige Monate nach dem frenetisch bejubelten Eintritts Österreichs in das Deutsche Reich die Auslöschung der Juden besiegelt wurde – eine lange gepflegte Polarisierung durch Worte schuf eine schreckliche Realität. Dabei hat das Gedenkjahr 2018 mit den Reden von André Heller, Josef Winkler und Michael Köhlmeier würdig-angemessen begonnen, bedenkt man, wie viele deutschnational gesinnte Burschenschafter heute im  Parlament sitzen, […]
  • Ein österreichisches Märchen
    Zum Weltflüchtlingstag 2018 ES WAR EINMAL Es war einmal ein kleines Land, das hatte schlaue Bürger. Das Land war bedroht. Die Bürger waren sich einig, dass ihr wertvollster Besitz eine wunderschön klingende Glocke war. Um diese vorsorglich vor den Feinden zu schützen, beschloßen sie, die Glocke in einem See zu versenken, mit der Absicht, sie wieder herauszuholen, sobald die Gefahr vorbei sein würde. Um sich zu merken, an welcher Stelle des Sees sie die Glocke […]
  • Zehntausend
    Pamphlet auf die Flüchtlingspolitik anläßlich der Einladung zur Aschermittwochsveranstaltung der Gebrüder Moped in der Kulisse in Wien.  Die Quadratur zynischer Heuchelei. Die Einladung hierher war für mich Grund genug zu reflektieren, was mich dabei so aufregt, und noch einmal darüber nachzudenken, wie sich die Situation entwickelt hat. Dabei ist mir aufgefallen, dass wir bis zum Fall des Eisernen Vorhanges Fluchtbewegungen völlig anders diskutiert haben, als wir es seither tun.Wie kam es dazu?Anfang der 1990er Jahre […]
  • Das Mädchen mit der grünen Hose
    Die Gräber am Friedhof der Insel Lampedusa sind die von Fischern, mitten unter ihnen die letzte Ruhestätte des „Unbekannten Einwanderers“, datiert mit dem 29. September 2000. Die Tore der FESTUNG EUROPA sind fest verschlossen, und tagtäglich ertrinken Menschen im Mittelmeer. 2012 schreibt Giusi Nicolini, die Bürgermeisterin von Lampedusa, einen aufrüttelnden öffentlichen Brief, der jedoch kein Gehör findet. Zu diesem Zeitpunk…Lqm Lwägjw jv Jvmihlsj jkx Mrwip Xmybqpgem euzp glh gzy Jmwglivr, njuufo ohnyl kjpgp glh fyntny […]
  • Das Märchen vom guten Österreicher
    Wir überblickten die Hügel, die den kleinen Ort zu unseren Füßen umgaben. Gerade Kanten, saubere graue Steinflächen und ein in weißen Marmor gehauenes Relief, an dessen Ende sich ein kleines, quaderförmiges Gebäude befand. Und die einzige Tür an diesem Ort. Es war der 16. Juni, ein wolkenloser Montag.Zwei Jahre zuvor, im Frühling 2012, hatte die Krise ihren Höhepunkt erreicht und Griechenland war mit mehr als nur einem Bein im Abgrund gestanden. In Mitteleuropa herrschte die […]
  • Eine kurze Geschichte übers Geschichtenerzählen
    In diesem Jahr fiel der 24. Dezember auf einen Dienstag. Der gefährliche Südwind warf hohe Wellen auf, die im Hafenbecken Unruhe stifteten, sogar die großen Schiffe der Küstenwache sprangen wie Nussschalen an der Mole auf und ab. Dunkle Wolken zogen knapp über die Insel hinweg und es schien, als wollten sie den Boden berühren. Immer wieder regnete es kurz, aber heftig. Die winterliche Ruhe, nach der sich die Insel schon seit einigen Wochen sehnte, durfte […]
  • Keine Angst
    Wir müssen nicht mutig sein, um keine Angst zu haben, denn wir sind viele und mehr noch: die meisten. Wir haben keine Angst vor der Welt, weil wir unsere Welt gestalten. Und jene, die uns Angst machen wollen, damit sie diese unsere Angst benutzen können, um das Rad der Zeit anzuhalten, fürchten wir nicht. Wir betrachten sie mit dem Interesse, mit dem wir Höhlenmenschen betrachten, denn sie sind Teil der Vergangenheit dieser unserer Menschheit, deren […]